Fiat Panda 4×4
Vom Sterben der tollen Kiste
Der Fiat Panda 4×4 war nie ein Statussymbol. Er war ein Werkzeug, eine Haltung, eine Erinnerung an eine Zeit, in der Autos nicht codierte Botschaften über ihre Besitzer sendeten, sondern einfach nur taten, was sie sollten. Meiner war Jahrgang 1988. Der unkaputtbare FIRE-Motor schnurrte noch, als hätte er gerade die Einfahrphase hinter sich. Optisch: wie man sich eben fühlt, wenn man mit über 30 und 150.000 auf dem Buckel noch früh raus muss – sehr gebraucht.



Ein Bekannter aus gutem Hause, mit beeindruckender Sammlung und dem Hang zu Dingen, die man „authentisch“ nennt, wenn sie teuer genug waren, wollte ihn trotzdem. Unbedingt. Er habe ein Haus in St. Moritz, da gehöre so ein Panda hin. Hip sei der. Also trennte ich mich. Schweren Herzens. Aber für einen Preis, bei dem man nicht mehr ans Herz denkt, sondern an die Heizung im Bad.
Ich wusste ja: Nachschub gibt’s in Ligurien, dort hatte ich den Panda einst gegen zwei Teller Pasta und eine Flasche Vermentino bekommen. Man hätte gewarnt sein können.
Kürzlich sah ich ihn wieder. Den Panda. Oder besser: das, was einmal einer war. Zwei-Farben-Lack, höhergelegt, Breitreifen, Chromgepäckträger, Rallye-Funzeln, die vermutlich schwerer sind als das Auto selbst. Innen Leder – für ein Auto, das ab Werk Sitzbezüge aus Jutesack hatte. Mindestens 30.000 Euro habe der neue Besitzer investiert, sagt er, inklusive neuem Motor. Und wie viele Kilometer seitdem gefahren? Siebenundfünfzig. In Worten: Sieben. Fünf. Er sei einmal losgefahren, erzählte er, aber die Beifahrerin habe dann doch lieber den Cayenne GTS genommen. Wegen Komfort. Seither: Standzeug. Für kein Geld der Welt würde er ihn hergeben, sagt er. Kein Geld der Welt. Na dann.
So geht es den Pandas heute. Die, die früher zwischen Kuhfladen und Schneeverwehungen ihre Spuren zogen, stehen jetzt in Showrooms. In Inseraten liest man von „Erstlack“ und „Sammlerzustand“ – Begriffe, die eigentlich Alarm auslösen sollten. Denn ein Panda, der keinen Forstweg mehr sieht, keine nasse Dorfstraße, keinen Schneepflug überholt – ist kein Panda mehr. Sondern ein Lifestyle-Objekt für Menschen, die sich im Alltag längst nicht mehr dreckig machen. Die ihre Erinnerungen lieber kaufen als leben.


Natürlich darf jeder mit seinem Auto machen, was er will. Man darf Pandas polieren, musealisieren, in klimatisierten Garagen aufbewahren wie Bordeaux aus gutem Jahr. Und ich verstehe jeden Händler, der aus dem Mythos eine Marge macht. Aber schade ist es eben doch. Weil es nie ein klassenloseres Auto gab als die „tolle Kiste“. Und weil man jetzt auch sie zu Tode konserviert.
Ein Panda 4×4 war immer das Gegenteil von dem, was er gerade wird. Und ja: Man sollte ihn fahren, bevor man ihn aufrüstet. Denn dann merkt man: Er ist winzig, unbequem, laut, langsam – alles, was reiche Menschen heute nicht mehr aushalten. Und die Drittfrau? Die steigt sowieso nicht ein. Zu viel Vergangenheit. Zu wenig Massagefunktion.
Ach ja: Jetzt hat es ein Panda 4×4 sogar zu RM Sotheby’s geschafft. Nicht irgendeiner, sondern der von Agnelli. Frisch restauriert, versteht sich. Taxiert auf 20.000 bis 40.000 Euro. Der Panda ist angekommen. Und verloren.